Michael, 04.08.2022
Nachdem wir im Winter 2021/2022 in Irland ausreichend Erfahrung mit der unzureichenden Solarleistung im Winter sammeln durften, gibt es nun hier eine Ergänzung zum Solar-Onlinerechner mit einigen Beispielen tatsächlich gemessener Kurven und Möglichkeiten zur Optimierung der Solaranlage.
Beim Solar-Onlinerechner erscheint der Solarertrag im Winter sehr gering.
Wie schon in der Beschreibung zum Rechner geschrieben, wird hier der worst-case berechnet, denn der ist für die Auslegung der Solaranlage und für eure Planung, wie lange ihr ohne anderweitige Nachladung frei stehen könnt, entscheidend.
Der für den Wintertag errechnete Wert spiegelt also wieder, mit welchem Ertrag ihr ungefähr an einem bewölkten, grauen Wintertag rechnen könnt. An einem sonnigen Wintertag wird das mehr sein.
Da Berechnung der Solaranlage für den Winter ist, wie geschrieben, rein theoretisch und ohne Verifizierung durch unsere Erfahrungswerte - bis jetzt.
Im folgenden sehr ihr Werte und Kurven der Solaranlage auf unserem Sprinter aus dem Winter 2021/2022 an der irischen Westküste, ungefähr auf Höhe Sligo - 54,3° Nord.
(Die Werte liefern weiterhin keine Aussage zum Betrieb einer Solaranlage in bspw. Südeuropa!)
Das Diagramm, ein Screenshot aus der VotronicEnergy-App vom 17.01.2022, zeigt die jeweilige Ladung durch die Solaranlage in Ah/d, also pro Tag. Durch Multiplizieren mit der Spannung des Bord-Akkus, in unserem Fall also 13,2V, erhält man die Ladung in Wh/d (nicht dargestellt).
Wie man sieht gibt es einen Tag ohne jeglichen Solarertrag und es gibt Tage, da sind es eben nur sehr wenige Ah. Beispielsweise Tag -8 und -28 mit jeweils ca. 1Ah/d, also ca. 13Wh/d und ebenso vier Tage mit ca. 2Ah/d, also 26Wh/d, weiterhin sechs Tage mit ca. 3Ah/d, also knapp 40Wh/d.
Der rechnerische Durchschnitt dieser genannten 13 schlechtesten Tage beträgt 2,15Ah/d, also 28,4Wh/d.
Rechnerisch wären es für diese Solaranlage mit 280Wp nach unserem Solar-Onlinerechner 28Wh/d.
Der errechnete Durchschnitt über 13 Tage, von insgesamt 29 Tagen, stimmt also recht gut
Nimmt man jetzt die 5 Tage mit ca. 4Ah/d mit dazu, sind es 18 von 29 Tagen mit durchschnittlich 2,7Ah/d, was 35Ah/d entspricht. Also über knapp 2/3 der Zeit minimal höher als der errechnete Wert.
An allen 29 Tagen reicht der Solarertrag bei weitem nicht aus um den Verbrauch zu decken.
Wie interpretiert man jetzt diese Werte und die errechneten Durchschnitte?
1. Man kann kaum einen exakten und verlässlichen Wert vorhersagen und berechnen.
2. Es gibt Tage im Winter, da ist der Solarertrag einfach mal NULL!
3. Selbst an den Wintertagen mit "hohem" Ertrag, ist die Solarleistung sehr gering.
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Um die geringen Erträge zu begründen und die Ursache aufzuzeigen folgt ein Diagramm eines idealen Tages. Eines ideal sonnigen Tages, dem 17.01.2022 auf weiterhin ungefähr 54,3° Nord.
Der gesamte Ertrag dieses Tages ist im obigen Diagramm ganz rechts zu sehen, es waren ca. 13Ah/d, also ca. 170Wh/d.
Wie man anhand der idealen Kurve sieht, waren die Solarmodule den gesamten Tag, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang in der Sonne und es gab an diesem Tag keine Bewölkung.
Anhand der Kurve kann man nun sehr schön den Solarertrag in Abhängigkeit vom Einfallswinkel der Sonne sehen, denn dies ist die einzig relevante Variable der Solarleistung an diesem Tag. Die Modultemperatur ist hier deutlich erkennbar nicht relevant.
Der Ertrag ist am höchsten, wenn die Sonne am höchsten steht. Steht die Sonne tiefer, ist der Ertrag deutlich geringer. Selbst zur Mittagszeit, also bei höchstem Stand der Sonne, werden maximal 3A Ladestrom generiert, also knapp 40W - bei einer Solaranlage mit 280Wp! Ursächlich ist also der geringe Einfallswinkel der Sonne auf das flach liegende Solarmodul im Winter auf der Nordhalbkugel aufgrund der Neigung der Erdachse.
Dabei hat die tief stehende Sonne aber noch einen weiteren Effekt: die Sonnenstrahlen müssen - je flacher der Einfallswinkel auf die Erde - durch eine dickere Atmosphäre dringen. Sie müssen schräg durch die Luftschichten der Erde und somit reduziert sich die nutzbare, umwandelbare Leistung der Strahlung.
Steht die Sonne senkrecht über der Erdoberfläche, so wird eine Leistung von 1,367kW/m² erreicht ("Solarkonstante"), unter einem Winkel von 45° sind es bereits nur noch 1,03kW/m².
Weiter sieht man anhand der Kurve sehr gut, dass der Tag nur ca. sechs Sonnenstunden hatte. Die "hohen" Erträge werden also nur für eine vergleichsweise kurze Zeit erreicht.
Zum Vergleich eine Kurve vom 31.07.2022 in Nord-Ost-Polen, 54,5°N - also nahezu auf identischer nördlicher Breite.
Der Tag war komplett bewölkt und verregnet und der Ertrag war über ca. 14 Stunden ca. 19Ah/d bzw. 250Wh/d:
Man sieht, dass auf nahezu gleicher nördlicher Breite bei regnerischem Wetter im Hochsommer über einen deutlich längeren Zeitraum ein deutlich höherer Solarertrag erzielt wird, als an einem 100%ig sonnigen Tag im Winter.
Weiter sieht man, dass trotz Bewölkung im Peak der doppelte Ladestrom erreicht wird.
Die Ursachen für die geringe Solarleistung im Winter sind also:
1. Im Winter steht die Sonne zu tief um hohe Solarerträge zu generieren.
2. Die Wintertage in Nord- und Mitteleuropa sind zu kurz um hohe Solarerträge zu generieren.
Natürlich ist die offensichtlichste Maßnahme: mehr Solarleistung.
Nehmen wir an, man baut sich fünf Q.Peak Duo ML-G10 Module à 415Wp mit einer Fläche von 1879x5300mm und einem Gewicht von 110kg (!!!) aufs Wohnmobildach. Somit hätte man 2075Wp installiert.
Zwei Kilowatt Peak!
Durchschnittlicher, rechnerischer, täglicher Ertrag im Winter in Irland: 207,5Wh/d
Eine maximal große Solaranlage bringt also in erster Linie massiv Gewicht auf das Wohnmobildach, aber nicht die erwünschte Unabhängigkeit von weiteren Stromquellen.
Natürlich vergrößert man die Zeitspanne bis anderweitig nachgeladen werden muss. Bei unserem Verbrauch uns unserem Akku kämen wir hier rechnerisch auf ca. 2,1 Tage anstatt 1,8 Tage.
Es bringt also nichts.
An einem 100% sonnigen Tag wie dem 17.01.2022 in Sligo käme man auf einen Ertrag von 1270Wh/d. Wie man oben im 30-Tage-Diagramm sieht, ist so ein Tag aber eher die Ausnahme.
Deutlich effizienter ist es, wenn man die Solarmodule zur Sonne ausrichtet.
Bei einer simplen Aufstellvorrichtung bleibt das Gewicht dabei im Rahmen und man wirkt dem Hauptproblem der tiefstehenden Wintersonne - dem geringen Einfallswinkel - gezielt entgegen.
Bleiben wir bei obiger idealer Kurve eines perfekten sonnigen Tages: Anstatt 3A bzw. 40W könnte man bei perfekt ausgerichteten Solarmodulen aufgrund der kühlen Temperaturen die volle Peak-Leistung erreichen. Das wären in dem Fall 280W, also Faktor 7!
Realistisch betrachtet wird man das Modul mit einer einfachen Vorrichtung aber nie exakt 90° zur Sonne ausrichten und nicht der Sonne nachführen und somit die Peakleistung nicht erreichen. Im Video zur Solaranlage auf dem Jeep sieht man, das wirklich alles perfekt sein muss um die Peakleistung abzurufen.
Erfahrungsgemäß würde ich bei sehr guten Bedingungen, also nahezu idealer Ausrichtung von ungefähr 75-85% der Peakleistung ausgehen.
Das wäre in unserem Beispiel aber eben immer noch ein um ca. Faktor 5 höherer Ertrag und - rein theoretisch - mit 220Wh innerhalb einer sonnigen Stunde und mit - ebenso theoretisch - ca. 1300 bis 1400Wh/d etwas mehr als im Beispiel mit der 2kWp-Anlage.
...aber man kann dem mit einfachen Mitteln wie einer simplen Aufstellmechanik oder mobilen Modulen, welche man ebenfalls zur Sonne ausrichtet, oder eben mit einer riesigen Solaranlage etwas entgegenwirken.
Sobald Messwerte mit unseren nun aufstellbaren Solarmodulen vorliegen, wird der Artikel ergänzt.
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Zu diesen Themen und zu Erfahrungen, welche ich bei unseren selbstgebauten Wohnmobilen gemacht habe, gibt es auf unserem YouTube-Kanal ein ausführliches Video:
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